Ora et labora
Eine unserer älteren Mitschwestern erzählt gerne, wie sie, als sie einer Bekannten mitteilte, sie werde ins Albaner Kloster eintreten, zur Antwort bekam: "Da brauchst Du nicht viel mehr mitnehmen als eine Arbeitsschürze." - Ja, in den Anfängen mussten unsere Schwestern unter großen Entbehrungen hart arbeiten.Doch auch ohne das Gebet wäre das Kloster und Kinderheim St. Alban nicht das geworden, was es heute ist. Viele Menschen kennen das viel zitierte Motto: "Ora et labora". - "Bete und arbeite", mit dem man die Lebensweise der Benediktiner in Kürze zusammenfassen möchte. Auch auf der Rückseite unserer Plakette ist dieses beflügelte Wort bildlich dargestellt: zwei fleißige Bienen, als Symbol für die Arbeit, den brennenden Leuchter, der für das Gebet steht. Darüber stehen die Buchstaben "UIOGD". Sie stehen für: ut in omnibus glorificetur Deus. Das bedeutet:
Damit Gott in allem verherrlicht werde.
In diesem Zitat aus der Regel des Heiligen Benedikt finden Gebet und Arbeit zu einer Einheit. Gebet und Arbeit stehen in einem fruchtbaren Austausch. Ora Durch die Regel "Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden" (RB 43,3) ist unser erster Dienst das Gebet: in der Feier der Liturgie, dem monastischen Stundengebet und dem stillen persönlichen Beten. Für unser Stundengebet benutzen wir das Stundenbuch für die Benediktiner des deutschsprachigen Sprachgebietes. Die Sonn- und Feiertage gestalten wir festlich mit gregorianischem Choral. Labora Auch unsere Arbeit verstehen wir als Gottesdienst. Im Bestehen des Alltags liegt die Herausforderung durch Gott. Wenn die Arbeit in selbstloser Liebe getan wird, dann wird Gott genauso in ihr verherrlicht wie im Gebet. Es geht in der Arbeit wie im Gebet für den Hl. Benedikt um die gleiche Haltung, nämlich um die Bereitschaft, sich auf Gottes Willen einzulassen und nicht sich selbst, sondern Gott zu dienen. Et Das kleine "et" besagt, dass alles im Maß und in einem gesunden Gleichgewicht geschehen soll. Doch der so gängige Slogan "Ora et labora" taucht in der Regel so an keiner Stelle auf. Benedikt spricht vielmehr noch von einer dritten Säule im klösterlichen Leben: "Lege" = Lies. Im Lesen und Betrachten der Hl. Schrift wollen wir immer wieder Gott zu Wort kommen lassen. So wollen wir immer tiefer den Willen Gottes verstehen lernen, uns ermutigen lassen, unser Tun hinterfragen und uns auf Gott hin ausrichten.
Böse Zungen behaupten, Benedikt habe über all seinen Anordnungen schlussendlich die Freizeit vergessen, aber wenn man sich die Regel genauer anschaut, bemerkt man kleine Hinweise darauf, dass diese Zeit auch in Benedikts Kloster vorgesehen war, einfach als Ruhepausen oder als Zeiten für das gemeinsame Gespräch. Es geht um die rechte Zuordnung der vorhandenen Zeit zu bestimmten Tätigkeiten. Die Zeit, die auf bestimmte Tätigkeiten verwandt wird, schließt damit automatisch andere Tätigkeiten zu der Zeit aus = Verzicht. Dabei steht nicht so sehr der disziplinäre Charakter im Vordergrund, sondern die Heilung, die Ganzwerdung des Menschen (RB 41,5). Wie verwende ich vorhandene Zeit? Für was? Für wen? Was will ich eigentlich mit meinem Leben verwirklichen? Was ist mir wichtig? Das sind grundsätzliche Fragen, die es zu klären gilt, auch und gerade im Klosteralltag. Es ist immer Aufgabe des einzelnen selbst, die für ihn richtigen Prioritäten zu setzen.